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JUNO TALKS mit Isa Glink

Seit mehr als zwei Jahrzehnten begleiten wir Isa Glink, Creative Director bei Kvadrat Residential. Ein Gespräch über Markenführung sowie Freiheit und Inspiration im Designprozess, die aus Zusammenarbeit über einen langen Zeitraum wachsen.

Isa Glink ist Creative Director bei der dänischen Designbrand Kvadrat im Segment Residential.

Als Creative Director für Kvadrat Residential, früher als Kinnasand bekannt, gestaltest du seit 2012 Vorhang- und Teppichkollektionen, die mit zahlreichen internationalen Designpreisen ausgezeichnet wurden. Wie kommst du immer wieder auf neue Ideen?

Je umfassender wir experimentieren und in den Designprozess eintauchen, desto mehr Welten tun sich auf. Bei der Materialität zum Beispiel – je intensiver wir mit textilen Rohstoffen und Fasern arbeiten, desto mehr Raum für neue Ideen öffnet sich. Oft ist das ist eine komplexe Kombination aus textilen Herstellungsverfahren und Material. In der Konsequenz heißt das: je tiefer ich einsteige, desto mehr Differenzierungen finde ich auch.

Wie gehst du vor?

Ich arbeite immer prozessorientiert. Am Anfang gibt es eine Idee oder Ansatzpunkt. Dann folgt viel Trial and Error – also Ausprobieren, Mustern, Verwerfen und intuitives Filtern. Durch Beschäftigung beispielsweise mit neuen Materialien wie Ananasfasern oder japanischen Papiergarnen, aber auch mit speziellen Techniken, Kollaborationen und im engen Austausch mit unseren Herstellern finde ich nach und nach einen Weg – bis ich zum Kern einer neuen Kollektion komme. Denn das ist das Spezifische für Kvadrat Residential: Jede Kollektion erzählt eine Geschichte, folgt einem thematischen Schwerpunkt.

Deine Kollektionen tragen Namen wie Quotes, Frequencies, Storylines. Denkst du, dass die Geschichten der Kollektionen von deinen High-End Residential Endkund*innen gesehen und verstanden werden?

Im anspruchsvollen High-End Residential Segment werden relevante Inhalte und Stories wahrgenommen und geschätzt. Selbst wenn es nicht immer offensichtlich ist – die innere Logik in der Ausrichtung einer Kollektion ist trotzdem spürbar, denn in der Konsequenz geht es ja auch um eine eigenständige, unverwechselbare Position und die Werte, die über eine bloße Ästhetik hinausreichen. Das ist ein Schwerpunkt, den ich über die Jahre entwickelt habe, in einer Sprache, die diese Elemente verbindet. Nicht nur strategisch oder als Liste abgearbeitet, sondern gestaltet in einem offenem Prozess, der Intuition zulässt und mit einer klaren Grundidee.

Sind deine Kollektionen jeweils in sich abgeschlossene Geschichten? Oder gibt es eine Meta-Story?

Mir ist Kontinuität wichtig. Also, dass die Kollektionen aufeinander aufbauen oder bewusst Kontrapunkte setzen. Wenn eine Kollektion eher grafisch-nordisch ausgerichtet ist, kann die nächste das Gegenteil sein. Es gibt zudem Konstanten in meiner Arbeit. Das sind Haptik und Taktilität, Farbe, Auswahl und Umgang mit Materialien, Nachhaltigkeit, Geschichten, Kollaboration, Struktur für verschiedene Märkte und Kund*innengruppen – vom Einzelhandel bis hin zu Interior Architects.

Warum hält die Zusammenarbeit zwischen dir und JUNO seit mehr als 20 Jahren?

Es ist immer wieder spannend, neue Stories gemeinsam auf hohem Niveau weiterzuentwickeln. Wir kennen uns so gut und haben eine starke Basis und müssen deshalb auch nicht mehr alle Prozesse erklären. Das erlaubt einen direkten und unmittelbaren Austausch von Ideen und damit eine große Freiheit im Denken. Für ein logisches Aufbauen, aber zugleich auch für kreative Richtungswechsel. Die daraus folgenden Bildsprachen entwickeln sich im Flow und wir ergänzen uns gegenseitig. Diese Leichtigkeit im Austausch ist sehr wertvoll. Das ist eine Frage der Chemie. Wenn’s leicht wird, fließen die Ideen und man ergänzt sich immer wieder überraschend.

Und es entsteht immer wieder Neues.

Ja, und das ist ja auch das Besondere an unserer Zusammenarbeit. Um unsere Stoffe und Teppiche in einen relevanten Kontext zu setzen, entwickeln wir gemeinsam visuelle Konzepte, die der Kvadrat Residential Kollektion zusätzliche Strahlkraft geben. Eine Kollektion vielschichtig zu entwickeln, ist das eine. Aber sie in einen Kontext zu setzen, der die Ideen, Gedanken und Stories dahinter vermittelt, ist das andere. Gerade in einem kompetitiven Umfeld ist es umso wichtiger, die eigene Sprache und Identität über das Produkt hinaus so zu kommunizieren, dass diese in Erinnerung bleiben. Mit JUNOs Engagement können wir diese Inhalte und Bildwelten mit viel Enthusiasmus originär entwickeln und detailliert erzählen.

Lass uns das mal durchspielen. Wie läuft so eine Zusammenarbeit für eine neue Kollektion ab? Wie fängt das an? Wann kommt JUNO dazu? Wer macht was?

Den klassischen Weg gibt es nicht. Jede Kollektion ist anders, aber das Timing bleibt in jeder Phase beständig herausfordernd. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir mit einer gewissen Geschwindigkeit unterwegs sind und die ersten Ideen zeitnah zum Design Freeze entwickeln, also in der Phase, in der die reine Produktentwicklung bereits abgeschlossen und die Test- und Produktionsphase beginnt. Im Moment arbeiten wir zum Beispiel an den visuellen Konzepten und an der taktilen-physischen Installation für die Kollektion 2026, die bei »Three Days of Design« im Kvadrat Showroom in Kopenhagen ausgestellt wird.

Traust du dich, deine Ideen in dieser frühen Phase zu teilen?

Mit Interesse an und Vertrauen in offene Prozesse geht das schon – im ersten Brainstorming entstehen oft die besten Ansätze, wenn man früh Ideen teilt und sich austauscht. Ich spüre auch, dass man sich dadurch gegenseitig steigert. Man hat schon was im Kopf, entwickelt es aber gemeinsam weiter und kommt zu Ergebnissen, die man solo und individuell nicht so gedacht und für möglich gehalten hätte. Diese kommen nur im Dialog und im gegenseitigen Austausch ans Licht und zum Tragen. Faszinierend und immer wieder bereichernd ist dieser Moment.

Für eine Agentur ist es eine riesige Wertschätzung, in dieser frühen Ideenphase dabei zu sein.

Ich schätze das auch sehr. Die gemeinsame Auseinandersetzung und Fragestellungen zeigen mir, wo wir klarer werden müssen. Man bewegt sich weiter und mit jedem Gespräch wird es präziser, befriedigender. Wir beginnen mit der Kollektion, teilen inhaltliche Struktur und Farbkonzepte, Materialien und Moodboards. Eine Idee zieht die nächste nach sich und irgendwann sehen wir die Kollektion im visuellen Kontext der Storyline vor uns.

Du sprachst von der Erzählung deiner Kollektionen. Wie übersetze ich das sinnliche Textilerleben deiner Kollektionen ins Digitale? Hat sich die Art der Inszenierung über die Jahre verändert?

Ja, ich denke schon. Heute haben wir die visuelle Kommunikation und Inszenierung von Anfang an mehr mit im Blick. Aber die Material- und Farbentwicklung kommt immer von innen, vom Textil selbst und dabei schauen wir nicht auf den Insta-Faktor im Sinne einer vordergründigen Fotogenität. Die Visuals und Filme müssen natürlich trotzdem auch digital funktionieren. Es kommt aber auf die sensible Umsetzung der Materialität und des Lichts an, um die Stoffe sinnlich erfahrbar werden zu lassen.

Also eine Kombination aus digitaler Sichtbarkeit und physischem Erleben?

Genau. Events wie »Three Days of Design« Kopenhagen oder der »Salone del Mobile« in Mailand sind große Plattformen. Dazu kommen Social Media, Showrooms und die Präsentation durch das Sales Team im direkten Kund*innengespräch. Das alles zusammen macht den erfolgreichen Launch einer Kollektion aus.

Hat sich das »Game« sehr verändert?

Veränderung und Wechsel halten uns lebendig, aber die Herausforderungen und Gegebenheiten sind zunehmend komplex und verlangen oft einen Spagat. Zum einen verfolgen wir mit den Kvadrat Kollektionen nicht nur eine starke Designästhetik, sondern auch eine Nachhaltigkeitsstrategie, die konkret messbare Ziele und Handlungsfelder im Fokus hat. Was beispielsweise das Thema Materialität in der Residential Kollektion angeht, so fokussieren wir uns auf Monomaterialien und mixen seit fünf Jahren keine synthetischen Fasern mit natürlichen Materialien. Verarbeiten wir synthetische Fasern, dann sind sie nach Möglichkeit recycelt und verstärkt aus der Postproduktion, also Textil-zu-Textil Recycling. Auch bei Farben achten wir auf Konzepte, die auch nach Jahren noch relevant sind und reduzieren kontinuierlich auch die Anzahl von Artikeln in der Kollektion.

Wie behältst du angesichts komplexerer Aufgaben die Frische im Design?

Wenn es um Produktentwicklung geht, gelingt das gut im Austausch mit Spezialist*innen aus Produktion, Kunst und Designer. Durch diesen Dialog wiederholen wir uns nicht, verfallen nicht in Routinen und sind in der Lage, auf den Markt und die Menschen einzugehen. Auch wenn sich die Parameter verändern und der Druck aus den Märkten steigt, bleibt es spannend, adäquate kreative und smarte Lösungsansätze zu gestalten. Weil mir die Arbeit und Zusammenarbeit einfach weiterhin unglaublich viel Spaß macht.

Vielen Dank!