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Katharina Gerland – Haltung Rebell purpose

Lange bevor das Wort Purpose ein Modebegriff wurde, hat fritz-kola das Thema Haltung zu seinem Markenzeichen gemacht und ist zur internationalen Marke gewachsen. Ein Gespräch mit Katharina Gerland darüber, wie man Menschen wachrüttelt, die Welt verändert und wie man auch als erwachsen werdende Marke ein Rebell bleibt.

Portrait von Katharina Gerland
Katharina Gerland

Vor rund eineinhalb Jahrzehnten wart ihr eine Indie-Brand mit anfangs noch selbstgeklebten Etiketten. Heute begegnet man eurem Logo an vielen Orten in der Stadt. Warum seid ihr so erfolgreich?

Dafür gibt es viele Gründe. Am Anfang war wohl das Wichtigste, dass wir alles anders gemacht haben als die Etablierten. Zur Zeit der fritz-Gründung – so um 2003 – gab es im Limonaden-Markt gefühlt nur Coca-Cola, Fanta und Sprite. Unsere Gründer träumten aber von einem Getränk, das gut schmeckt, in Glasflaschen abgefüllt ist, und sich gleichzeitig nach alternativem Leben wie dem im Hamburger Schanzenviertel anfühlt. Auf diese Gegen-die-Großen-Haltung in Form eines leckeren Produkts haben damals offensichtlich viele gewartet.

Wir hatten schon einen Purpose, bevor es den Begriff gab.

Kampagnenimage »mensch, wach auf!«. Zeichnung von Erdogan, Trump und Putin schlafend nebeneinander.
G20-KAMPAGNE »SCHLAFENDE«

Jetzt werdet ihr ja selbst größer. Funktioniert da die Underdog-Geschichte immer noch?

Unsere Grundhaltung und Story haben sich nicht geändert. fritz war und ist ein positiver Rebell. Aber heute sind wir mehr als die andere kola, die Menschen mit maximal viel Koffein wacher durch die Nacht bringt. Heute rütteln wir Menschen wach, sich gesellschaftlich zu engagieren. Wir stoßen Veränderungen an. Setzen uns dafür ein, dass aus Glas- statt aus Plastikflaschen getrunken wird. Unterstützen Menschen und Initiativen, die eine weltoffene Gesellschaft wollen und fördern Kreative. Als größerer Player kann man hier sowohl in der Industrie als auch in der Öffentlichkeit mehr bewegen.

Sich so eindeutig als Veränderer mit Haltung zu positionieren – war das von Beginn an Strategie?

Unser Gründer und Geschäftsführer Mirco Wolf Wiegert lebt diese Werte, seitdem es fritz gibt. In den vergangenen Jahren sind wir allerdings schnell gewachsen. Über Hamburg und den Norden hinaus kennt man uns heute bundesweit. Und seit einigen Jahren sind wir unter anderem in Polen, den Niederlanden, Belgien, sowie in Spanien, Österreich und der Schweiz. Dort haben aber viele noch kein klares Bild von uns. Und außerdem sind wir dort oft nur eine kola-Marke unter vielen. Deshalb haben wir uns im Zuge der Internationalisierung nochmals genau überlegt, wofür fritz stehen soll und haben in der Zeit von 2016 bis 2017 strategisch festgelegt: Wir setzen uns aktiv für eine kreative, weltoffene und saubere Welt ein. Das spielen wir seitdem kommunikativ. Für mich war das ein Moment, an dem ich gespürt habe, dass fritz nun ein wenig erwachsener wird.

Haltung zu haben und zeigen, ist für mich ein absolutes Zukunftsthema.

Hat es euch die Fokussierung auf bestimmte Kernthemen erfolgreicher gemacht?

Auf jeden Fall. Mit unseren fritz-Leitthemen – Umwelt, Gerechtigkeit, Weltoffenheit, Kreativität – erreichen wir Menschen in vielen Ländern und in jeder Altersstufe. Wir treten seitdem noch klarer auf und haben den Konsumenten noch eindeutiger im Blick. Wir sehen außerdem, dass über Deutschland hinaus immer mehr Menschen diese Einstellung mit uns teilen und sich dafür begeistern. Haltung zu haben und zu zeigen, ist für mich ein absolutes Zukunftsthema. Es ist toll zu sehen, wie viel Zuspruch wir bekommen. Auch dadurch spüren wir, dass wir inzwischen mehr bewegen können.

Links sitzt ein Mensch inmitten von Plastikflaschen im urbanen Raum. Rechts steht ein Mann und eine Frau nebeneinander. Alle drei Personen haben Fritz-Merch an.

Wie kann man als Getränkehersteller gesellschaftlich konkret etwas bewegen?

Wir haben Anfang 2020 die bundesweite Initiative Trink-aus-Glas gestartet. Damit wollen wir erreichen, dass Plastik als Gebinde auf Dauer komplett verschwindet. Seit jeher gibt es fritz-Getränke nur im Glas. Für viele Märkte im Ausland ist Plastik beim Thema Flasche aber noch völlig normal. Letztens waren die Grünen bei uns. Man sieht, dass auch denen das Thema wichtig ist. Viele Mitmacher zu finden, damit der Handel irgendwann sagt: Wir haben keine Lust mehr auf Plastik und das auf internationaler Ebene – das ist unsere langfristige Vision. Wir unterstützen auch Musikgruppen, das Festival Futur 2 und die Elbewerkstätten, in denen Menschen mit Behinderungen arbeiten. Wir führen die Initiative Pfand-gehört-daneben und fördern soziale Einrichtungen wie den Hamburger Gabenzaun oder Straßenblues und unterstützen lokale künstlerische Initiativen.

Könnt ihr euch diese werteorientierte Haltung in Corona-Zeiten überhaupt leisten? Seit längerem ist die Gastro doch komplett lahmgelegt.

Stimmt, die Betreiber*innen von Clubs und Kultureinrichtungen stehen vor riesigen Problemen. Natürlich müssen wir da gerade jetzt Verantwortung übernehmen. Mit „couch-kulturrettung“ zeigen wir auf unserer Website eine Übersicht von (Spenden-)Streams. Dazu zählen: „united we stream“ von der Berliner Clubszene, der „TV Noir Wohnzimmerstream“ oder „dringeblieben“, ein Solidaritätspakt zum Erhalt der Kölner Kulturlandschaft. Durch den Kauf von virtuellen Tickets oder Merchandise werden Clubs finanziell unterstützt. Wir machen über unsere Kanäle auf Aktionen aufmerksam und haben ein festivalretter-Paket gestartet. In Hamburg kooperieren wir mit Budni und Clubkombinat. Wer unser Clubretter-Shirt kauft, gibt zehn Euro in den Solitopf der Hamburger Clublandschaft. Außerdem unterstützen wir Initiativen wie das Corona-Shortfilmfestival, oder „Keiner kommt, alle machen mit“. Zudem haben wir Kliniken in ganz Deutschland wie die Charité oder Unikliniken in Erlangen, Düsseldorf, Mainz, Freiburg und weitere mit Getränken unterstützt.

Weißes und schwarzes T-Shirt mit Illustrationen auf weißem Untergrund
CORONA-AKTION »CLUBRETTER-SHIRTS«

Aber nicht für alle seid ihr die Guten?

Ich bin während des G20-Gipfels mit meinem Auto in einen Nagel gefahren, dachte aber, mir sei der Reifen aufgestochen worden. Wir hatten damals eine Kampagne mit Trump, Erdogan und Putin als Schlafende gezeigt. Die Telefone standen damals nicht still. Und unsere Ware wurde aus manchen Supermärkten ausgelistet. Als positiver Rebell muss man auch den Mut haben, anzuecken und beschimpft zu werden. Am Ende hat uns das Ganze mehr geholfen als geschadet.

Als positiver Rebell muss man auch den Mut haben, anzuecken und beschimpft zu werden.

Woher wisst ihr das? Messt ihr die Ergebnisse eurer Aktivitäten?

Ja, wir arbeiten mit Zahlen und können sehen, wie viele Menschen wir mit Aktionen erreichen. Wir lassen uns von Dienstleistern beraten, die uns zum Beispiel zeigen, wie sich unsere Bekanntheit verändert, oder was über uns im Internet gesagt wird. Zum Beispiel sehen wir jetzt schon, dass fritz heute mehr mit Glas in Verbindung gebracht wird. Die Presse besucht uns zudem regelmäßig. Vieles machen wir aber auch immer noch aus dem Bauch heraus. Und wir sind viel vor Ort. Wir müssen verstehen, was Menschen in bestimmten Städten und Ländern bewegt. Dazu tauschen wir uns zusätzlich mit vielen Menschen dort aus. Der nächste Schritt wäre dann, viele fritzen ständig vor Ort zu haben, um noch näher dran zu sein.

Welche Bedeutung hat Design für euren Erfolg?

Eine große! Unsere Schrift hat eine krasse Stärke. Und das Schwarzweiß unseres Erscheinungsbilds auch. Wir ermutigen unsere Gestalter, verrückt zu sein und laden oft Künstler und Studenten ein, die nicht direkt aus der Werbung kommen. Für uns ist wichtig, dass die Werbung nicht unbedingt nach Werbung aussieht, sondern eine Botschaft vermittelt. Alles andere wäre langweilig und nicht authentisch. Seit letztem Jahr haben wir auch eine neue 0,2-Liter-Flasche in neuem Design. Die Vorgabe für die Gestalter war, zu zeigen, wie ein Rebell im Glas aussieht. Das Ergebnis kommt im Markt sehr gut an.

Für uns ist wichtig, dass die Werbung nicht unbedingt nach Werbung aussieht. Sondern zum Nachdenken anregt.

Seit 2014 nennt ihr euch fritz-kulturgüter GmbH. Wird fritz in Zukunft mehr als Getränke anbieten?

Wir haben über die Jahre ständig unser Sortiment über fritz-kola hinaus um eine Reihe anderer Getränkesorten wie Limos und Schorlen erweitert. Und in unserem Kaufladen kann man zum Beispiel nachhaltige Kleidung von unserem Hamburger Kooperationspartner Recolution und andere Merch-Artikel wie Bagdes und Socken kaufen. Das sehen wir als Möglichkeit für Fans unsere Marke nach außen zu tragen und als eine Unterstützung von nachhaltigen Partnern, Produzenten und fritz-Freunden.

Kampagnen-Image einer Flasche mit gelb-blauem Etikett. »gelbe flasche, brauner inhalt.«
SOCIAL MEDIA POST ZUR THÜRINGEN WAHL

Wie rebellisch seid ihr digital?

Unser Posting zur Thüringen-Wahl „Gelbe Flasche, brauner Inhalt“ wurde in ganz Deutschland wahrgenommen und viele haben uns gelobt, so klar Stellung gegen Rechts zu beziehen. Für unsere Initiative Trink-aus-Glas haben wir erstmals mit Influencern zusammengearbeitet, die sich für die Umwelt engagieren. Von ihnen wollen wir lernen, wie wir noch besser mit jungen fritz-Fans interagieren können. Wir wollen ihnen nicht nur guten Content bieten, sondern gemeinsam mit ihnen etwas auf die Beine stellen und idealerweise zum Sprachrohr einer Generation werden.

Welches sind die wichtigsten Ziele, die du im fritz-Marketing in 2020 erreichen willst?

Mit Trink-aus-Glas eine Bewegung zünden und einen Systemwandel in der Getränkeindustrie anstoßen. Weg vom Plastik! Wenn allein Deutschland schon komplett darauf verzichten würde, wäre das schon super. Hier wollen wir als Pionier möglichst viele Kooperationspartner finden, die das Thema mit uns in die Breite tragen. Auch ein großes Ziel für mich: fritz weiter internationalisieren. Uns fehlt oft noch die große Bekanntheit im Ausland. Hier wollen wir mit unserer künstlerisch-authentischen Werbung auffallen und dort sein, wo kreative Menschen sich treffen und etwas bewegen. Andere würden gleich in den Handel gehen. Wir haben unser eigenes Wachstumstempo und werden über Empfehlung durch Fans größer.

fritz-kola Spendenstreams
fritz-kola Festivalretter
Coronashortfilmfestival.com
fritz-kola Autokino
budni-x-clubkombinat-x-fritz-kola