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JUNO TALKS mit Moritz Maier

Wie wird Alpina wieder Pop-Culture? Mit Moritz Maier, Marketingleiter der Brands Uvex Sports und Alpina, sprechen wir über die Kunst, eine Marke zu verjüngen, ohne Stammkunden zu verlieren.

Ein Porträt von Moritz Maier. Er ist weiß, hat volles Braun-Graues Haar, einen Vollbart, dunkle Augen und er trägt ein grünes Hemd. Er lächelt leicht. Er befindet sich vor einer schwarzen Wand mit Outdoor-Helmen und -Brillen.
Moritz Maier ist Head of Marketing der Marken Alpina und uvex sports.

Als wir dieses Jahr auf der Eurobike waren, haben wir die Auftritte eurer Marken Uvex und Alpina als recht unterschiedlich wahrgenommen. Da wollten wir mal bei dir nachfragen.

Was hat euch neugierig gemacht?

Uvex kam für uns wie eine klare, zeitgemäße und in sich ruhende Brand rüber. Porsche-artig, deutsch, techy. Alles scheint sich um das Thema Performance zu drehen. Bei Alpina hatten wir die Erwartung eines crazy Lifestyle-Markenauftritts. Wir kannten die mutige bisweilen an Italo-Disco anmutende Werbung von Alpina aus den 80ern und den Selbstbeschrieb auf der Website, der Alpina als wild, freigeistig und superkreativ darstellt. Auf der Messe haben wir die Marke eher als reine Sportbrand erlebt.

Im Kern sind wir eine Sportmarke und entsprechend haben sich auch unsere Verkaufskanäle entwickelt über die Jahre. Wir sind primär im Sport- und Radsportfachhandel präsent, haben uns hier sehr gute und zuverlässige Partnerschaften etabliert und eine breite Distribution aufgebaut. Die Eurobike selbst ist auch eher eine Sportmesse. Dort Alpina zu stark als Lifestyle-Brand zu spielen – das wäre der falsche Ort dafür. Aber es stimmt: Alpina ist auch Lifestyle. Diesen Teil der Marke spielen wir aktuell eher im Digitalen und über das Thema Brille.

Mit der Brille hat bei Alpina ja alles angefangen.

Ja. Die Marke Uvex wurde in den 50ern als Performance- und Arbeitsschutz-Brand gegründet. Um den wachsenden lifestyligen Sportbrillenmarkt abzudecken, hat man Alpina 1980 aufgebaut als zweite Marke in der Uvex-Gruppe. Im Laufe der Zeit wurde das modische Image von Alpina allerdings etwas verwaschen und die Marke ging insbesondere so um das Jahr 2000 herum in die Breite. Das war gut und wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg und bildet die Basis für unsere heutige Marktpositionierung. Aber wir haben dabei vergessen unser Markenprofil aufrecht zu erhalten.

Es hat dann bis zum Jahr 2021 gedauert, bis ihr mit Alpina einen Relaunch gemacht habt.

Es war kein richtiger Relaunch. Wir wollten wieder das Profil der Marke schärfen und haben uns auf die erfolgreichen Anfänge besonnen, als wir den Style und die Trends in unserem Bereich prägten. Damals trugen Stevie Wonder und Victoria Beckham unsere Brillen. Im Ski-Sektor waren wir klar die Nummer Eins. Und das Modell »Swing« war die am meisten verkaufte Sportbrille Europas in den 80er und 90er Jahren. Zudem waren wir die Ersten, die Kontrastverstärkung in Sport- und Sonnenbrillen etablierten.

Du hast die Schärfung eures Markenimages im Jahr 2020 von Anfang an betreut. Was war deine größte Herausforderung?

Du brauchst als Marke ein klares Profil. Sonst greifen dich Discounter von der einen und klar positionierte Marken von der anderen Seite an. Die größte Herausforderung war und ist für Alpina, im Lifestyle-Bereich wieder mehr Glaubwürdigkeit aufzubauen und eine jüngere Zielgruppe zu Käufer*innen zu gewinnen, ohne die Stammkund*innen zu verlieren. Wir wollen eine Love-Brand für alle Generationen sein, die mitreißt, animiert und inspiriert. Die Zutaten dafür haben wir jedenfalls fest in unserer DNA verankert. Die eine Zutat »Vertrauen« kommt über unser Produktportfolio und den Anspruch, kompromisslose Sicherheit zu bieten. Die zweite Zutat »Emotion« versuchen wir über einen spielerischen, offenen und bunten Ansatz mit mutigen und andersartigen Designs sowie einem  Gefühl für einen kreativen Lebensstil voller Abenteuer draußen und unterwegs zu transportieren. Seit 2020 sind wir mit der Schärfung des Markenprofils ein gutes Stück weitergekommen.

Wer ist heute euer klassischer Käufer*innen-Typ?

Wenn man sich das Kaufverhalten unserer Zielgruppe anschaut und perspektivisch die jüngeren Generationen betrachtet, dann sieht man, dass die Informationsbeschaffung zu zwei Drittel Online stattfindet. Mehr als zwei Drittel der Käufe von Alpina-Produkten aber werden nach wie vor stationär getätigt.  Auf Basis dieser Daten haben wir unseren Marketing-Mix auf zwei Hauptsäulen aufgebaut: In der Awareness-Phase und zum Imageaufbau  konzentrieren wir uns stark auf die Optimierung der digitalen Customer Journey und die Fokussierung der richtigen Touchpoints –  hier können wir die Marke von einer jüngeren und frischeren Seite zeigen, sind agil und können sehr schnell auf Trends reagieren. Die zweite wichtige Säule ist die Verbesserung der POS-Experience. Hier suchen wir nach Lösungen und Konzepten, die Marke auch am POS erlebbar zu machen und dem Handel dabei zu helfen, den Rausverkauf zu erleichtern.

Wie seid ihr dann vorgegangen?

Wir haben uns daran erinnert, wofür Alpina früher stand und was uns von Uvex unterscheidet. Die Produkte der beiden Marke sind nicht so unterschiedlich. Beide stellen im Kern Helme und Brillen her. Aber die Ausrichtung und die Käufer*innen sind doch ganz andere. Bei Uvex geht es – wie ihr oben sagt – um Performance und die Marke hat einen klaren Bezug zu Athleten. Alpina steht für Sportlifestyle. Sie soll Freigeister ansprechen, die Sport eher als kreatives, besonderes Erlebnis sehen: Sportler, die das Abenteuer suchen, beim Freeriding ihre eigene Linie suchen, mit ihrem Fahrrad auf einen irren Trip in die Berge gehen. Um diese Zielgruppe auch anzusprechen, haben wir die Leitidee »Made to Inspire« entwickelt, die wir in allen unseren Erlebnisdimensionen der Marke zum Leben erwecken wollen.

Drei Personen wandern in Reihe durch eine verschneite Berglandschaft. Sie haben Wanderstöcke und Skibrillen. Die Person ganz vorne ist in Gelb gekleidet. Die beiden anderen in Schwarz.

Wie habt ihr diese Idee dann umgesetzt?

Wir haben das Corporate Design modernisiert und das »Alpina A« zu einer Art Superzeichen gestaltet, um uns mehr Gestaltungfreiheit zu geben und eine lifestyligere Anmutung zu bekommen. Außerdem haben wir viel Energie in Social Media und den Aufbau einer Community, das »A-Team«, investiert. Beispielsweise auf Insta, TikTok und in unserem Podcast können wir über unsere »Freunde« – so nennen wir die Creator – inspirierende und authentische Geschichten verbreiten, die zu unseren Werten passen. Wir haben uns entschieden, weg von den klassischen Athleten zu gehen und mehr auf Charaktere zu setzen, die eine interessante Geschichte zu erzählen haben. Nicht nur die Leistung steht im Vordergrund, sondern die Menschen und ihre Geschichten. Anderes Beispiel: Das Brillenmodell »Swing« aus den 80ern haben wir in einer neuen Edition mit dem Fashion-Label »Beautiful Struggles« entwickelt und bewusst auf der Paris Fashion Week gelauncht. Wir machen Kooperationen mit Artists, die unsere Brillen und Helme bunter und jugendlicher machen. Wir bauen Kooperationen mit zu uns passenden Partnern auf und aus (bspw. Disney, FC St. Pauli oder dem Swatch Nines Freeride & Slopestyle Bike Event). Und wir arbeiten natürlich mit passenden Influencer*innen zusammen, wie letztens mit Ski Aggu.

Ein Markenzeichen von Alpina früher war ja, zu polarisieren. Hattet ihr das mit bei der Zusammenarbeit mit Ski Aggu speziell das im Sinn?

Ja, schon. Durch die Zusammenarbeit mit Ski Aggu und das Entwickeln seiner eigens für ihn gestalteten Alpina-Brille wollten wir bewusst polarisieren. Das war eine Chance, die wir nutzen mussten, um sichtbar und relevant zu bleiben. Besonders bei der jüngeren Generation.

Wie zufrieden bist du mit den Ergebnissen des Markenschärfung-Prozesses?

Wir messen viel auf demografischer Ebene und sehen, dass jüngere Zielgruppen auf uns aufmerksam werden. Wir gewinnen mehr Follower, generieren mehr Fans, sprechen jüngere Zielgruppen an und halten gleichzeitig unsere Marktposition. Das ist ein gutes Indiz dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind und der Spagat, den wir gerade machen, gut gelingt.

Sprechen wir über Design. In den 80ern habt ihr mit eurem Produktdesign den Nerv der Zeit getroffen. Wie lässt sich sowas heute wiederholen?

Da wir natürlich auch immer den Sportler im Blick haben und der Schutz des Menschen für uns an erster Stelle steht, legen wir Wert auf ein Designteam, das die einzelnen Sportarten genau kennt und in punkto Design und Sicherheit ein funktionales Produkt mit dem einem kreativen Extra entwickelt. Dafür schauen wir viel in unser Archiv. Damals waren wir sehr mutig und Trendsetter. Wir haben jetzt beispielsweise. angefangen, limitierte Editionen aus Designansätzen von damals auf den Markt zu bringen. Das Ziel ist: eine neue, junge Zielgruppe mit kreativen Designs zu überzeugen und dabei den Link zu unserer Wuzeln zu schaffen. Dabei spielt uns die Karten, dass Trends von damals auch heute häufig wieder aktuell sind. Ich kann mir vorstellen, dass wir diesen Weg weitergehen.  

Welche Trends siehst du für euch als besonders wichtig?

Zum einen das Thema neue Mobilität und E-Mobilität. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Menschen bei ihrer Entfaltung durch coole Designs zu unterstützen und gleichzeitig ihre Gesundheit dabei zu schützen. Das ist im Bereich Mobilität eine riesige Aufgabe. Dann das Thema Individualisierung. Wir wollen einer jungen Zielgruppe die Möglichkeit geben, ihre Produkte zu personalisieren und selbst zu gestalten. Dritter Punkt ist Nachhaltigkeit. Wir haben eine klare Vision von Nachhaltigkeit, die wir in unserer gruppenweiten Protecting Planet Strategie manifestiert haben. Unser Ziel: Klimaneutralität 2045. Das klingt weit weg, ist für die kunststoffverarbeitende Industrie jedoch sehr ambitioniert, vor allem da wir unsere oberste Prämisse, den Schutz des Menschen, dabei nicht vergessen dürfen. Unser R&I Team arbeitet mit Hochdruck an Entwicklungen mit nachhaltigen Materialien und Recycling-Konzepten, um den Fußabdruck zu verkleinern und gleichzeitig den Schutz des Menschen zu gewährleisten. Wir haben mit unserem Prolan Protektor – ein Rückenprotektor aus gepresster Schafswolle – und der Double Jack Planet, die erste Brille mit einer Scheibe aus recycelten Materialien, auch schon erste innovative Produktlösungen am Markt eingeführt.

Welche Erfahrungen macht ihr mit TikTok?

Da ist unsere Strategie, Sichtbarkeit zu erlangen und gleichzeitig Glaubwürdigkeit bei der jüngeren Zielgruppe aufzubauen. Wir suchen dort gezielt nach Influencern, wie AdiTotoro – ein Schweizer Influencer, der auch schon ein paar Projekte für uns gemacht hat. Wir wollen Influencer definieren, die unsere Sprache sprechen und inspirierende Geschichten erzählen, zum Beispiel als rasende Reporter bei Sportevents. Wir haben gemerkt, dass es nicht einfach ist, klassischen Content von Instagram oder anderen Plattformen auf TikTok zu übertragen.  Auf TikTok wollen Menschen Gesichter sehen und näher dran sein. Es reicht nicht, einfach ein actionreiches Sportvideo zu posten, da muss mehr Persönlichkeit und Humor rein. Wir dürfen uns als Marke hier selbst nicht zu ernst nehmen.

Letzte Frage. Es gibt sicherlich Marken, die du dir anschaust, denen es ähnlich geht wie euch. Welche Marken schaust du dir da an?

Was ich sehr interessant finde, sind Marken, die es schaffen, sowohl junge als auch ältere Zielgruppen anzusprechen. Eine Marke, die ich mir anschaue, ist zum Beispiel der Adidas Samba. Das ist spektakulär, wie der Schuh wieder aus der Versenkung geholt wurde und ein zweites Leben bekommen hat. Dann gibt es auch Vans, die auf einem kreativen, bunten und etwas verrückten Weg sowohl junge als auch ältere Zielgruppen ansprechen. Das sind Marken, die es schaffen, Trends wiederzubeleben und gleichzeitig eine breite Masse anzusprechen. Das ist auch ein Ziel, das wir mit Alpina anstreben – eine »Love Brand« in unserer Branche zu werden, die gerne getragen wird, von der sich jeder inspiriert fühlt und die gleichzeitig zu einem sehr hohen Gut, dem persönlichen Schutz, beiträgt.

Vielen Dank!