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JUNO TALKS mit Alexander Hein

Vom Kindergarten zum Konfi – die Rucksäcke der Kölner Firmen baesiq und FOND OF begleiten uns durchs halbe Leben. Mit Alex Hein sprechen wir darüber, wie man in wenigen Jahren fünf erfolgreiche Marken für das Thema Rucksäcke und Taschen hochzieht – darunter die stylishen Urban Brands AEVOR und pinqponq.

Alexander Hein ist B2B Corporate Sales Manager bei AEVOR und pinqponq.

FOND OF hat in wenigen Jahren fünf erfolgreiche Brands rings um das Thema Taschen und Rucksäcke aufgebaut. Wie hat das Ganze angefangen? 

Mit der Marke ergobag im Jahr 2010. Vier Gründer hatten auf einer Party den Gedanken: Kinder müssen mit riesigen und schweren Ranzen zur Schule gehen, während Erwachsene mit ergonomisch optimierten und gepolsterten Rucksäcken unterwegs sind. ergobag hat dieses Problem gelöst und damals bereits nachhaltig produziert: Zum Beispiel mit Recyclingmaterialien aus PET-Flaschen. Vertrieben wurde von Anfang an nah am Fachhandel, weil das Thema hochemotional und beratungsintensiv war und auch immer noch ist.

Die Gründer waren allesamt BWLer. Woher wussten die so viel über Rucksäcke?

Gemeinsam mit einer Physiotherapeutin haben die Gründer an der Idee gefeilt. Zudem haben sie sich Expertise beim Produktdesign geholt. Durch Rezensionen und Bewertungen von Händler*innen und Kund*innen sind wir schnell schlauer geworden und haben klare Use Cases definiert. Also, wo die Trinkflasche hingehört, an welcher Stelle die Reflektoren sein müssen, wo man am besten Stifte unterbringen kann. Das hatte dann schnell Hand und Fuß. Die Funktionalität war neben der Ergonomie einer der Erfolgsfaktoren für ergobag und die anderen Marken.

Ihr habt nach ergobag dann quasi jährlich eine neue Marke für Schulrucksäcke rausgehauen. Hättet ihr dieses Feld nicht mit einer Marke bespielen können?

Es gab früh die Vision »Von Baby zu Business« – also für jede Altersstufe den richtigen Rucksack. Deswegen haben wir nach ergobag die Marke satch für die Zeit nach der Grundschule gelauncht. Und die Marke Affenzahn für die Kindergartenzeit. Um 2014 begannen wir mit unseren Lifestylemarken: pinqponq für die Gen Y und AEVOR für die Gen Z. 

Eigentümer dieser Marken sind die FOND OF und die baesiq GmbH. Kannst du zu den beiden etwas sagen?

Bis 2020 gab es im Wachstum keine Geschwindigkeitsbegrenzung für uns. Die Corona-Zeit brachte aber Herausforderungen, die eine neue Vertriebsstruktur und Unternehmensorganisation notwendig machten. So kam es zu einer Aufteilung: FOND OF beheimatet die Kindermarken Affenzahn, ergobag & satch und baesiq verantwortet die Lifestylemarken AEVOR & pinqponq.

Was unterscheidet die beiden Lifestyle-Marken AEVOR und pinqponq?

AEVOR steht für urbane Mobilität, Gemeinschaft und eine klare Haltung. Die Marke unterstützt Menschen, körperlich und geistig aktiv zu sein – passend zu unserem Motto »Encourage Movement«. Im Fachhandel findet man uns bei Einzelhändler*innen, wie Blue Tomato und Sportscheck. Die Produkte sind hochwertig, aber preislich unter dem Niveau von pinqponq angesiedelt. pinqponq hingegen steht für Funktionalität, Ästhetik und Nachhaltigkeit. Mit den Produkten richten wir uns an ein reiferes Publikum. Die Marke ist klar im Design, zeitlos und wird von Leuten gekauft, die sich sehr bewusst für diesen Stil entscheiden. Zudem ist sie eher im Premiumsegment positioniert, vergleichbar mit Marken wie Sandqvist und Carhartt. 

Welches Gefühl geben mir die beiden Marken?

pinqponq stand bisher für Balance. Wir haben aber gemerkt, dass das nicht ohne weiteres erklärbar war. Deswegen haben wir uns für einen Relaunch für 2024 mit dem neuen Konzept »all in« entschieden, was besser zu unserem Verständnis und zur Marktposition passt.

Wofür steht »all in«?

Es bedeutet, dass dein Rucksack dich ins Büro, aber auch in die Berge begleiten kann. Das ist ein Lebensgefühl voller Flexibilität und Vielseitigkeit. Damit können wir unterschiedliche Bedürfnisse bedienen und brauchen – im Sinne der Nachhaltigkeit – nicht für jeden Anwendungsfall einen neuen Rucksack. Zudem konzentrieren wir uns jetzt stärker auf Themen wie New Work. Wie bewege ich mich? Arbeite ich remote, oder hybrid? Das wollen wir mit »all in« beantworten. Dieses Bild beschreibt das »all-in-Lebensgefühl« vielleicht gut: Du siehst eine Person in einem zweitgeteilten Bild mit einem pinqponq-Rucksack, die gleichzeitig vor einem Wasserfall und einer Ampel in der Stadt steht. Du kannst dich in verschiedenen Welten bewegen, siehst gut aus und bist funktional voll ausgestattet. Du fährst zur Arbeit, hast deinen Arbeitslaptop dabei und auf dem Rückweg hast du deine Sportsachen drin. Es ist immer derselbe Rucksack, egal was du machst. »All in« ist auch emotionaler. Jede*r, die oder der mit einem Rucksack gereist ist, weiß, was es bedeutet, diesen Rucksack anzuschauen und zu sagen: »Hey, mit dem war ich schon überall. Er begleitet mich, egal, was ich tue.«

Welches Gefühl vermittelt AEVOR?

Es geht viel um Bewegung und Austausch in der Gemeinschaft. Ein Beispiel ist unsere Präsenz auf TikTok. Da ermutigen wir Menschen, ihre Kreativität auszuleben. Damit sind wir sehr erfolgreich. 

Im Rucksack-Markt findet man ja auch Outdoor-Marken wie Deuter oder VAUDE. Nähert ihr euch denen durch »all in« an? Oder wie unterscheidet ihr euch?

Unsere Basis ist Lifestyle. Unser Terrain ist der Urban Jungle. Die von dir genannten Outdoor-Marken sind stark auf Leistung und Funktionalität fokussiert. Wenn jemand eine anspruchsvolle Wanderung machen möchte, nimmt er vielleicht einen Rucksack von Deuter. Aber für einen Städtetrip nach Barcelona inklusive Hike in den umliegenden Bergen greift man eher zu einem pinqponq oder AEVOR. Unsere Produkte sind für Menschen gedacht, die sich sowohl in der Stadt als auch in der Natur wohlfühlen möchten.

Welche Marken gibt es noch in eurem Umfeld? 

Kapten & Son, Got Bag und Carhartt. Etliche davon sind ebenfalls stark im Händlergeschäft. Andere haben aus dem E-Commerce-Bereich heraus erfolgreich in den physischen Markt expandiert. Ich bin inzwischen viel im Corporate Business tätig, deshalb habe ich nicht jede Konkurrenzanalyse im Kopf.

Was macht ihr da im Corporate Bereich?

Viele Unternehmen wollen ihre Mitarbeitenden mit Produkten aus unserem Haus ausstatten und ihre Brand dort mit draufsetzen. Nachdem wir immer mehr Anfragen bekamen, haben wir den Prozess professionalisiert und gehen proaktiv in diesen Markt. Dabei hilft uns, dass wir jedes Jahr einen CSR-Bericht veröffentlichen und alle Nachhaltigkeitsanforderungen der CSRD und des EU Green Deal erfüllen. Diese Transparenz und entsprechende KPIs helfen uns enorm, denn die Konzerne müssen alles nachweisen. 

In nächster Zeit werden wohl die EU-Richtlinien wie die Empowering Consumer und die Green Claims Richtlinie der EU verabschiedet, die verhindern sollen, dass irreführende Informationen zum Thema Nachhaltigkeit verbreitet werden. Macht euch das nervös?

Wir haben sehr wertvolle Partnerschaften, wie bluesign und Green Button, die sich um die Einhaltung der Richtlinien in den vor- und nachgelagerten Lieferketten kümmern. Wir sorgen dafür, dass so wenig Emissionen wie möglich entstehen. Das machen wir nicht nur auf dem Papier, sondern auch durch regelmäßige Besuche und Monitoring vor Ort. Die FAIR WEAR Foundation in den Niederlanden kümmert sich um die sozialen Aspekte, wie Arbeitsverhältnisse und Arbeitszeiten. Sie prüfen uns regelmäßig und sorgen dafür, dass wir unsere Standards einhalten. Wir sind jetzt im fünften Jahr in Folge als Leader der Fair Wear Foundation anerkannt. Die Richtlinien machen uns also nicht nervös. Im Gegenteil, wir begrüßen die Entwicklung des Marktes hin zu mehr Transparenz.

Glaubst du, eure Endkund*innen lesen sich den CSR-Bericht bis zur letzten Seite durch, bevor sie einen Rucksack von euch kaufen?

Ich denke schon, dass es vielen gereicht hätte, wenn wir lediglich »PETA Approved« und »aus recycelten PET-Flaschen« draufgeschrieben und einfach gesagt hätten, wir sind nachhaltig. Doch das ist uns nicht genug! Händler*innen wie zum Beispiel Bergfreunde oder Avocado Store hätte das auch nicht gereicht. Die nehmen nur Marken, die entsprechende Kriterien erfüllen. Wir sind in Bezug auf Nachhaltigkeit mit allen unseren Marken immer voll in den Invest gegangen sind, um sauber und authentisch zu sein. Das ist Teil unseres Selbstverständnisses. Aber klar, es hat natürlich in der Wahrnehmung geholfen, dass wir zum Beispiel 2016 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen haben. 

Was sollte man beim Launch einer neuen Marke beachten? Was vermeiden?

Es gibt kein festes Konzept, das immer funktioniert. Wir haben festgestellt, dass Flexibilität und Anpassungsfähigkeit entscheidend sind. Das Wichtigste: Du musst immer wach bleiben. Nah am Markt und deinen Kund*innen sein und dann schnell reagieren können. Daher setzen wir auf eine Omnichannel-Strategie, die sowohl die Online-Welt als auch den Fachhandel vereint. 

Wie schafft man es, Marken schnell auf den Markt zu bringen?

Die Kunst des schnellen Markteintritts liegt in einer starken Vertriebsstruktur und Schulungen. Ursprünglich nutzten wir bestehende Strukturen im Handel, um unsere Produkte zu platzieren. Ohne Schulungen funktioniert das jedoch nicht. Man kann nicht einfach eine neue Marke einführen und erwarten, dass sie ohne Unterstützung erfolgreich ist. Mit AEVOR sind wir in den ersten Jahren in den Markt gekommen, indem wir die bestehenden Strukturen der Lederwarenhändler*innen genutzt haben, die schon Schulranzen verkauften. Wir haben Schulungen angeboten und langfristige Beziehungen zu den Händler*innen aufgebaut, anstatt nur auf kurzfristige Gewinne zu schauen.

Das heißt, beide Marken wäre ohne den stationären Handel nicht so erfolgreich?

E-Commerce hat sich stark entwickelt, und wir verkaufen inzwischen den größeren Anteil online. Aber der stationäre Handel bleibt entscheidend. Viele Leute wollen die Rucksäcke sehen, anfassen und sich beraten lassen. Bei den Schulrucksäcken sowieso. 

Bekommt ihr regelmäßiges Feedback von den Händler*innen?

Ja, zum Beispiel bei den Frühjahrs- und Herbstkollektionen. Wir sind ständig im Austausch und sprechen mit dem Verkaufspersonal vor Ort. So bleiben wir nah am Geschehen.

Wie bekommt ihr Feedback von Endkund*innen?

Wir führen regelmäßig Umfragen durch, die vom Online-Team gesteuert werden. Damit sammeln wir systematisch Feedback zur Kundenzufriedenheit.

Ihr analysiert auch regelmäßig die Entwicklung der Marken, richtig?

Ja, wir schauen uns ständig an, wie sich unsere Marken entwickeln. Wir analysieren das Markenimage, die Bekanntheit und andere typische Marken-KPIs. Wir betrachten auch, was andere Marken gut machen und überlegen, wie wir diese Erkenntnisse in unsere eigene Sprache übersetzen können. 

Welche Rolle spielt Design für euch? 

Wir haben es geschafft, unseren Kund*innen einen gewissen »Apple-Vibe« zu vermitteln. Unser Design war, als es auf den Markt kam, anders als das, was es gab und zugleich sehr funktional. Ein Rucksack, den man wie einen Koffer benutzen kann, den man seitlich tragen kann, der zur Sporttasche wird, den man über einen Trolley ziehen kann – das hat die Leute begeistert. Meine Schwester hat das mal gut beschrieben: »Das ist eigentlich nur ein Rucksack, aber ich habe ihn jetzt seit einem Jahr und entdecke immer noch neue Fächer.«

Man sieht eure Rucksäcke häufig auf der Straße. Ist Biking für euch auch Lifestyle?

Auf jeden Fall. In den USA haben wir früh gesehen, dass das Fahrrad als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit genutzt wird, ähnlich wie Kleidung. Man zeigt mit dem Fahrrad, wer man ist, und braucht coole, vielseitige Taschen. Das Fahrrad ist das neue Skateboard. Und die Fahrrad-Community wächst stetig. 

Gibt es Fahrradmarken, mit denen ihr gerne zusammenarbeiten würdet?

Ja, es gibt einige coole Marken wie Brothers oder Bombtrack, die eher nischig sind und sich im Gravelbereich bewegen. Oder Standert aus Berlin im Performance-Bereich. Mit solchen Marken zu arbeiten, wäre spannend. 

Wo findet man die Bike-Community? Auf Instagram?

Ja, hauptsächlich auf Instagram. TikTok ist bisher noch nicht so stark vertreten, aber auf Instagram sind wir sehr aktiv und erzählen dort eine andere Story als auf TikTok. Auf TikTok unterhalten wir unsere Community, während Instagram ein tiefgründigeres Ziel verfolgt.

Wie entscheidet ihr, welche Zielgruppe ihr auf welchen Plattformen ansprecht? Nutzt ihr TikTok für AEVOR und Instagram für pinqponq oder gibt es da Überschneidungen?

Das entscheiden wir anhand der Zielgruppen, die wir mit unseren Brands erreichen wollen. Aktuell nutzen wir Instagram, YouTube und Pinterest für pinqponq und TikTok und Instagram für AEVOR. 

Wie viele pinqponq-Rucksäcke hast du zu Hause? 

Ich glaube, ich habe drei pinqponq und fünf AEVOR in allen möglichen Evolutionen und Designs. Ich bin aber auch versaut, was Rucksäcke angeht. Der Rucksack muss zu den Schnürsenkeln passen und zum Wetter. Ich habe zum Beispiel einen pinqponq Rucksack in monochromem Design mit dem alten Logo aus Silikon. Den habe ich seit 2017 und er ist unzerstörbar. Den nutze ich immer noch gern.

Vielen Dank für das Gespräch!