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JUNO TALKS mit Maximilian Bülk

Wie bekommt man als Architekturbüro die besten Talente und entwickelt sein Team? Mit Maximilian Bülk, Geschäftsführer von abj-Architekt*innen, sprechen wir über seine Erfahrungen mit dem identitätsorientierten Rebranding-Prozess seines Büros und die guten Auswirkungen auf Personalarbeit und Motivation des Teams.

Schwarz-weiß-Portrait von Maximilian Bülk in weißem Hemd, lächelnd, mit dem Rücken an eine Wand gelehnt.

Maximilian Bülk ist Architekt und Geschäftsführer von abj Architekt:innen in Hamburg.

Wie sehr trifft der Fachkräftemangel eure Branche?

Der Fachkräftemangel ist natürlich auch in unserer Branche Thema, wie in nahezu allen Bereichen. Allerdings spüren wir ihn möglicherweise weniger stark als andere Branchen, was sicherlich mit dem Rückgang im Bauwesen zusammenhängt. Trotzdem bleibt das Thema Employer Branding von zentraler Bedeutung – und das nicht erst seit dem Fachkräftemangel. Es geht nicht nur darum, neue Talente zu gewinnen, sondern vor allem auch darum, die Top Leute in meinem Team zu halten und gezielt zu fördern.

Kannst du die Situation auf dem Personalmarkt in deiner Branche vor dem Baurückgang seit 2022 beschreiben?

Zuvor hatten wir einen klaren Arbeitnehmer*innen-Markt. Die Talente konnten sich nahezu aussuchen, wo und wie sie arbeiten wollten. In bestimmten Phasen der Vergangenheit haben andere Büros auf Headhunter zurückgegriffen, um gezielt Fachleute zu rekrutieren. Das war für mich jedoch nie eine Option, da ich fest daran glaube, dass der Findungsprozess von beiden Seiten gleichermaßen ausgehen muss. Talente, die über Headhunter kommen, können genauso schnell wieder über Headhunter gehen.

Welchen Typ Mitarbeiter*in sucht ihr bevorzugt?

Das kann ich nicht pauschal beantworten. Bei uns arbeiten mehrere Generationen und ganz unterschiedliche Profile zusammen. Die Altersspanne reicht von Mitte 20 bis rund 60. Die einen sind technisch stark, die anderen überzeugen als Projektleiter*innen oder auf der Baustelle. Was uns aber generell am wichtigsten ist, ist die Einstellung. Wir suchen nach Menschen, die neugierig, offen und bereit sind, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Diese Haltung steht für uns an erster Stelle, unabhängig von spezifischen fachlichen Fähigkeiten.

Wie habt ihr in der Vergangenheit nach Talenten gesucht?

Ganz klassisch über Stellenanzeigen, zum Beispiel auf der Plattform BauNetz. Allerdings konkurrieren wir dort mit vielen anderen Büros – allein in Hamburg gibt es zeitweise bis zu 30 Angebote für Projektleiter*innen bei verschiedenen Architekturbüros. Da ist es natürlich schwer, sich abzuheben. Trotzdem hatten wir dort auch hin und wieder einen Glücksgriff.

Aber es kamen Bewerbungen rein?

Ja, aber leider war mehr als die Hälfte davon meist nicht wirklich interessant.

Der Instagram Feed von abj Architekt:innen mit mehreren Beiträgen auf dunkelgrünem Hintergrund.
Ein Smartphone liegt auf einem weißen Tisch und zeigt eine Job-Seite der abj Website mit Illustrationen.

Von anderen Kund*innen hören wir, dass die Qualität der Bewerber*innen abnimmt. Ist es bei euch auch so?

Nein, das sehe ich anders. Wir bekommen nach wie vor viele gute Bewerber*innen und können mittlerweile gezielt auswählen, wer nicht nur fachlich, sondern auch persönlich am besten zu uns passt. Im Architekturstudium bist du weit von der Realität im Job entfernt. In einem guten Team wie dem unseren, lernen die Guten von den Guten und können sich kontinuierlich weiterentwickeln.

Haben sich die Ansprüche der Bewerber*innen an die Arbeit in den letzten Jahren verändert?

Ich kümmere mich jetzt seit über zehn Jahren um das Recruiting bei abj Architekt:innen, und in dieser Zeit haben sich die Ansprüche definitiv verändert. Früher standen vor allem materielle Wünsche im Vordergrund – Firmenwagen, Gehalt und Urlaub waren die zentralen Punkte. Inzwischen haben Aspekte wie Verlässlichkeit und ein sicherer Arbeitsplatz wieder an Bedeutung gewonnen. Und natürlich Flexibilität, zum Beispiel die Möglichkeit, mobil zu arbeiten. Ein Thema, das früher bei uns in der Branche quasi totgeschwiegen wurde ist die Überstundenregelung. Heute sind Mitarbeiter*innen erstaunt und erfreut, dass wir da eine klare und faire Regelung anbieten. Vielen ist auch wichtig, dass sie in einem Büro mit einer klaren Haltung arbeiten, mit der sie sich identifizieren können. Unser Rebranding-Prozess hat uns dabei weit nach vorne gebracht.

Kannst du diesen Prozess beschreiben?

Vor einigen Jahren haben wir angefangen, unsere Kommunikation zu professionalisieren und dafür intern eine Stelle geschaffen. Damals haben wir auch mit Social Media begonnen, aber alles ohne große Strategie. Unsere Website war zu der Zeit auch noch recht austauschbar. Vor rund zwei Jahren haben wir uns dann zu einem umfassenden Strategie- und Rebranding Prozess entschieden.

War das Thema Arbeitgeber*innen-Attraktivität der wichtigste Grund dafür?

Das war schon einer der wichtigsten Gründe. Es kam mehreres zusammen. Wir haben unsere Führungsebene erweitert. Zum anderen haben wir gesehen, dass sich andere Büros bewegen. Wir dachten zu Beginn, es reicht, wenn wir unsere Homepage erneuern. Dann haben wir gemerkt, dass wir tiefer schürfen müssen: Wie wollen wir sein? Wofür stehen wir? Wir haben immer wieder erlebt, dass Menschen zu uns kamen und verwundert waren, was wir alles können. Sie hatten ein falsches Bild von uns. Das hat uns gezeigt, dass wir viel mehr erzählen können und müssen. Damit wurde aber auch klar: Das wird ein großes Projekt – zeitlich, als auch finanziell.

Ein Bauzaun mit Werbeplakaten von abj Architekt:innen vor einer Stadt.

Sieht man sich in der Architekturszene um, findet man viele Büros mit Internet-Auftritten, die noch wie aus den 80ern anmuten.

Ich denke, das hängt mit der Generation zusammen, die diese Büros noch führt. In unserem Geschäft ist die Website für Aufträge nicht das allein Entscheidende. Eine neue Generation von Geschäftsführer*innen und Bewerber*innen schaut da dort nun ganz anders drauf. Talente wollen stolz auf ihr Büro und seinen Auftritt sein und wollen, dass die Projekte, an denen sie beteiligt waren, top dargestellt sind. Sie möchten den Spirit des Büros und seine Haltung spüren. Ich kenne viele Websites von Architekturbüros, die in endlosen Texten ihre Leistungsphasen erklären. Das holt keinen mehr ab.

Was waren deine Haupt-Learnings während des Rebrandings?

Es war toll zu sehen, wie neugierig das Team auf diesen Identity- und Branding- Prozess war. Ich hatte großen Respekt davor. Wir haben allerdings von Anfang an transparent gemacht, woran wir arbeiten. Unser Team versteht es als Wertschätzung, dass wir alle an diesem Prozess beteiligen und die Möglichkeit zum Feedback geben. Wir sind rund 40 Leute und nicht immer sind alle da. Das kostet also Energie. Aber wenn man will, dass so ein Identity-Prozess von allen getragen wird, dann muss man ihn auch aktiv mit allen teilen. Wir haben dem Team dazu Zwischenschritte wie das neu entwickelte Logo oder die neue Schriftart und dergleichen gezeigt. Dadurch konnten wir das Interesse an dem Prozess ständig hochhalten. Bei uns im Architekturbüro sind viele designaffin und man muss auch viele unterschiedliche Meinungen aushalten können. Zudem muss man bereit und offen sein, seine Marke und wofür sie steht, gründlich zu hinterfragen.

Welche Effekte spürt ihr jetzt nach dem Rebranding?

Ich spüre ein anderes, ein größeres Selbstbewusstsein im Team. Wir bekommen jetzt Initiativbewerbungen, aus denen ich erkenne, dass sich dort jemand genau für uns interessiert. Die möchten Teil von uns werden. Mitmachen bei dem, was wir tun. Das sind teilweise hoffnungsvolle Talente oder schon etablierte Leute, die sagen: Hey, ich suche genau so etwas. Wenn die Bewerber*innen uns dann besuchen, dann finden sie das wieder, was sie auf der Website gesehen haben – dass bei uns immer der Mensch im Fokus steht. Das passt zu unserem Narrativ »Wachstumsräume für Menschen« und hilft uns auch bei Aufträgen. Wenn du Mitarbeiter*innen hast, die für das Büro brennen, spüren das auch die Auftraggeber*innen und haben Lust auf das nächste Projekt.

Durch das Rebranding und die neue Website hat sich also auch die Candidate Journey verändert?

Stellenanzeigen schalten wir nach wie vor. Aber die Journey hat sich schon verändert. Hat man früher auf eine Bewerber*innen-E-Mail auch wieder per E-Mail und mit gewisser Zeitverzögerung geantwortet, können Talente heute selbst aussuchen, wann sie einen Kennenlern-Termin mit mir buchen. Dafür haben wir eine eigene, quasi private und personalisierbare Website mit eigenen Funktionalitäten entwickelt, die wir unseren Top-Bewerber*innen senden. Darin finden sie alle Informationen rund um den Bewerbungsprozess in digitaler Form. Das kommt sehr gut an und zeigt, wie viel Mühe wir uns geben. Bewerbung ist ein beidseitiger Prozess. Anspruchsvolle Talente bewerben sich bei uns. Wir bewerben uns aber auch bei Ihnen.

Vielen Dank!